Wie fängt man einen Text an, der mehr Aussage haben soll als nur ein paar „gekrakelte“ Zeilen?
Man sitzt am Anfang vor einem leeren Blatt Papier, und leise Tränen rinnen über das Gesicht.
Ein wenig brennen die Spuren der Tränen wie Feuer.
Ein seltsames und intensives Gefühl, wenn das Herz durch ein besonderes Wochenende erfüllt ist, doch die Tränen gleichzeitig den Blick verschleiern.
Im Laufe des Jahres musste ich etliche Menschen ihrer Wege ziehen lassen, da sie sich entschieden haben, nicht mehr Teil meines Lebens sein zu wollen. Andere habe tatsächlich auch ich ziehen lassen! Wieso?
Eigentlich ist es ganz einfach: Ich wollte mich nicht mehr verbiegen, nicht mehr verändern, nur weil andere es von mir erwarten.
Jahrelang habe ich experimentiert und damit Stück für Stück zu mir gefunden.
Nun habe ich verstanden, wer ich bin, was ich möchte, wovon ich träume und wofür es sich lohnt zu kämpfen.
Über die Jahre sind immer mehr Hüllen gefallen – zuerst nur auf Fotos in Hinsicht auf Aktmodellen und Bodypainting, doch dann auch andere. Denn dies waren nicht die wahren Hüllen. Erst als ich aufhörte, mich selbst zu optimieren (falsche Nägel, zu viel Sport, immer perfekte Haare etc.), sind die wahren Hüllen gefallen – die, die wahrhaft von Bedeutung sind und zuvor die Seele verhüllten.
Mittlerweile darf ich aufgrund meiner Allergie nicht einmal mehr Make-up tragen, doch nie zuvor war ich mehr ich selbst.
Im Spiegel sehe ich keine falsche Perfektion mehr, sondern einen echten Menschen.
Doch wichtig ist: Das Äußere ist nur ein kleiner Teil der ganzen Veränderung.
Eine Aussage von vor Wochen, die ich als heftige Kritik aufgefasst habe, hat mich zum Grübeln gebracht. Auslöser war ein Fehler im Text, der wohl laut dem Kritiker unentschuldbar war. Ich habe laut Aussage schon zu viele Fehler gemacht, und er könne nicht sehen, dass man so etwas übersieht. In dem Sinne wurde mir mitgeteilt, ich hätte wohl zu wenig Bildung und außerdem eine Lese-Rechtschreib-Schwäche.
In so einem Moment fühlt man sich wahrhaft unzulänglich, auch wenn ich von Herzen weiß, es ist nicht so.
Ja, ich mache Fehler! Aber genau dazu bin ich Mensch und keine Maschine.
Ja, ich setze ab und an ein Komma falsch, vergesse bzw. übersehe einen fehlenden Buchstaben, verwechsle „das“ und „dass“, doch dafür schreibe ich die kompliziertesten Worte richtig.
Kann ich dann wirklich dumm sein?
Ich habe kein Abitur – na und?
Meine Lehrer fanden mich schwierig, für sie war ich das, was man heute „Revoluzzer“ nennt.
Aber haben sie auch nur einen Deut etwas gegen das Mobbing unternommen?
Nein, haben sie nicht – sie haben es sogar eher noch unterstützt.
Ehrlich gesagt wünsche ich den beiden, dass sie dem im Leben begegnen, was sie im Herzen tragen und jahrelang gelebt haben.
Mir wurde damals ja nur allzu deutlich gesagt: „Aus dir wird ja sowieso nichts!“
Meiner Familie nach hatten sie damit unrecht. Ich habe zwei Ausbildungen gemacht – davon eine mit 1,5er Abschluss und eine Online-Ausbildung mit 1er* Schnitt. Ist das etwa nichts?
Ach ja, korrekt, ganz vergessen: Ich hab ja kein Abitur und kein Studium.
Ich bin meinen Weg bis hierhin auch so gegangen, da ich immer gekämpft habe – vor allem für meine Authentizität.
Jetzt am Wochenende war ich in Gönnheim auf dem Wine Street Art Festival, welches ich mittlerweile seit 2018 besuche.
Dort habe ich über die Jahre die wundervollsten und einzigartigsten Menschen überhaupt kennengelernt – sozusagen die Familie, mit der man nicht verwandt ist, sondern die, die man sich selbst aussucht.
Ich wurde seit damals als Fotografin sofort integriert und kommuniziere notfalls mit allen möglichen Hilfsmitteln, denn ich gebe offen und ehrlich zu: Mein Englisch ist alles andere als perfekt, doch für die Künstler ist dies tatsächlich überhaupt nicht von Bedeutung, denn sie sehen mich als Menschen.
Vielleicht auch, da ich mir die Zeit nehme, mit allen zu kommunizieren, zu verstehen, was sie ausdrücken möchten, und den Künstlern alle Fotos zur Verfügung stelle.
Ich mache kein Foto, nur um Fotos zu haben – sondern nur, wenn ich es von ganzem Herzen will.
Ich möchte das Gefühl und die Stimmung einfangen, die Gemeinschaft widerspiegeln.
Außerdem möchte ich sensibel machen für die kleinen Dinge des Lebens – für die winzigen Feinheiten, die jeder Künstler in seinen Bildern versteckt.
Auf dem Festival habe ich viele gute Gespräche geführt, viel umarmt und so etliche Abschiedstränen vergossen.
Und eines der Gespräche beschäftigt mich auch heute noch weiter.
Er erklärte mir sein Bild, welches mich sehr berührte.
Der Pelikan, der in Freiheit auf dem Wasser treibt und ins Fenster blickt – und dort den Menschen sieht, der in seinem eigenen Gefängnis des Lebens stickt.
Laut dem Künstler ist der Mensch nicht frei, zu tun und lassen, was er möchte. Der Mensch hat sein eigenes Gefängnis aus Geld, Arbeit, Tätigkeiten, Familie und einem Zuhause.
Im Großen und Ganzen ein sehr kleiner Kreis, in dem er sich bewegen kann – und doch niemals wahre Freiheit erfährt.
Denn laut ihm hat ein Tier immer die größte Freiheit, denn das Zuhause des Tieres ist die Natur der ganzen Welt.
Vielleicht sollten wir uns viel öfter freimachen von materiellen Dingen und Verpflichtungen.
Wir sollten stattdessen Momente sammeln, Begegnungen bewahren und die Gefühle des Moments ins Herz aufnehmen und bewusst abspeichern.
Wir sollten bewusster leben und dankbarer sein – unsere kreative Ader nicht verstecken, sondern diese mit Stolz nach außen tragen.
Ich bin froh, ein Teil dieser wundervollen Gemeinschaft zu sein – akzeptiert zu werden, wie ich bin
und so ganz intensiv mein inneres Ich zu fühlen. Und sei es nur für dieses eine Wochenende des Jahres, das ich nutzen muss, um den Rest des Jahres davon zu zehren.
Ich bewahre mir einen jeden Moment im Herzen, um davon zu zehren,
denn es sind lange Tage bis zum nächsten Mal,
in welcher ich das intensive Gefühl weitertragen muss,
bis ich den ersten dieser besonderen Menschen wieder umarmen kann,
um mit ganzem Herzen zu spüren:
Ich habe meine Künstler-Familie wieder bei mir!
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Past, Present – How Life Finds Its Own Way
How do you begin a text that’s meant to be more than just a few „scribbled“ lines?
At first, you sit there staring at a blank sheet of paper, and silent tears start to run down your face.
The traces of those tears sting a little, like fire.
It’s a strange and intense feeling when your heart is filled by a special weekend, yet tears blur your vision.
Over the past year, I had to let many people go – people who decided they no longer wanted to be part of my life.
Others… I chose to let go myself. Why?
It’s actually quite simple:
I no longer want to bend or change just to meet someone else’s expectations.
For years, I experimented, slowly finding my way back to myself, piece by piece.
Now I understand who I am, what I want, what I dream of, and what is worth fighting for.
Over time, more and more layers have fallen away – first just in photographs, in the context of nude modeling and body painting.
But those weren’t the real layers.
Only when I stopped trying to „perfect“ myself – fake nails, excessive workouts, always flawless hair, etc. – did the true layers fall.
The ones that truly mattered.
The ones that had been covering my soul.
Due to allergies, I’m not even allowed to wear makeup anymore –
but I’ve never been more myself.
When I look in the mirror, I don’t see false perfection.
I see a real human being.
But what’s important is this: the external changes are just a small part of the transformation.
A comment from a few weeks ago, which I perceived as harsh criticism, has stuck with me.
It was about a mistake in a text – one the critic claimed was inexcusable.
Apparently, I’ve already made „too many mistakes,“ and he couldn’t imagine how anyone could overlook such an error.
According to him, it must mean I’m undereducated and possibly have a reading/writing disorder.
In moments like that, you truly feel inadequate – even though, deep down, I know that’s not true.
Yes, I make mistakes! But that’s exactly what makes me human and not a machine.
Yes, sometimes I misplace a comma, miss a letter, or confuse that and which.
But at the same time, I spell the most complex words correctly.
So does that really make me stupid?
I don’t have a high school diploma – so what?
My teachers found me difficult, a “rebel” as we’d say today.
But did they ever lift a finger to stop the bullying?
No, they didn’t. If anything, they supported it.
To be honest, I hope they one day encounter in life what they’ve carried in their hearts all along.
Back then, they made it painfully clear to me: “You’ll never amount to anything.”
Well, according to my family, they were wrong.
I completed two vocational trainings – one with a 1.5 grade average, the other, an online course, with top marks.
Is that nothing?
Oh right – I forgot: I don’t have a diploma or a degree.
Still, I walked my path all the way to where I am now – because I’ve always fought,
above all for my authenticity.
This weekend, I was in Gönnheim at the Wine Street Art Festival – an event I’ve attended every year since 2018.
Over the years, I’ve met the most wonderful and unique people there –
a family not bound by blood, but chosen.
From the very beginning, I was welcomed as a photographer.
And when language becomes a barrier, I use whatever tools I can – because I’ll admit it openly: my English is far from perfect.
But the artists? They don’t care.
They see me as a person.
Perhaps because I take the time to talk with everyone, to truly understand what they’re trying to express,
and because I share every photo I take with them.
I don’t take pictures just for the sake of it – only when I truly feel it in my heart.
I want to capture the feeling and the mood – reflect the sense of community.
And I want to awaken sensitivity for the little things in life – the tiny details each artist hides in their work.
At the festival, I had many heartfelt conversations, gave and received countless hugs, and shed plenty of goodbye tears.
One of those conversations still lingers with me.
He explained the meaning behind his painting, which touched me deeply:
A pelican drifting freely on the water, looking into a window –
inside, a human, trapped in the prison of their own life.
According to the artist, humans are not truly free to do as they please.
They live in a prison of money, work, obligations, family, and home.
A small circle, really – one that we move within, without ever experiencing true freedom.
Because, as he said, animals have the greatest freedom:
The entire world is their home – nature is their shelter.
Maybe we should learn to free ourselves more often –
from material things and unnecessary obligations.
Instead, we should collect moments, cherish encounters,
and store the feelings of those moments in our hearts – consciously and gratefully.
We should live more mindfully and be more thankful.
We shouldn’t hide our creative spark but proudly share it with the world.
I am so grateful to be part of this wonderful community –
to be accepted just as I am,
and to feel my inner self so vividly.
Even if it’s just for that one weekend each year – the weekend that fuels me to get through the rest of the year.
I carry every single moment in my heart to draw strength from it.
Because the days until next time are long,
and I must carry that feeling forward,
until I can finally embrace one of these special souls again and feel, with all my heart:
My artist family is back with me.
Thank you all

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